Wir alle sprechen gerne über unsere Erfolge oder erinnern uns zumindest gerne an die Dinge, die wir erfolgreich zu Ende gebracht haben. Etwas schmerzhafter ist es dann schon, wenn wir uns an die Niederlagen erinnern, welche wir einstecken mussten. Aber ich würde mal behaupten, dass diese seltener sind, als die kleinen Erfolge in unserem Leben. Denn generell geht man ja Schwierigkeiten eher aus dem Weg und widmet seine Zeit lieber Dingen, die man beherrscht. Das ist auch ganz natürlich und unser Gehirn ist entsprechend programmiert.
Ebenfalls ist es normal, dass man sich nach einer gewissen Zeit in einer Wohlfühlzone bewegt. Man beherrscht die Herausforderungen, welche immer wieder mal aufpoppen, wird nicht besonders überrascht im Alltag und kann die Früchte der eigenen Arbeit geniessen. Ab und zu kann es dann sogar etwas langweilig werden, aber für diese Fälle hat unsere Wirtschaft bestens vorgesorgt und wir können zwischen einer Vielzahl von Angeboten auswählen. Aktuell sind dies wohl eher Online Shopping Touren, aber der Mensch verdrängt ja auch gern schnell und so werden sich die Einkaufszentren, Strände und Flughäfen bald wieder füllen.
Gibt es noch mehr?
War es das? Ist es unsere Bestimmung, dass wir in einer Wohlfühlzone landen und uns dann dem Konsum hingeben. Wie lange kann das Bedürfnis nach immer mehr Konsumgütern anhalten? 1 Jahr? 10 Jahre? 100 Jahre? Abgesehen davon, dass es ja jetzt bereits zu spät für unseren Planeten ist, frage ich mich schon, wie der Mensch nach immer mehr Konsumgütern schreien kann.
Bei mir zumindest ist das Bedürfnis nach immer neuen Produkten nicht mehr so akut wie auch schon. Hat es vielleicht mit dem Alter zu tun? Naja, 35 ist jetzt kein biblisches Alter, aber der Jüngste bin ich auch nicht mehr. Dennoch habe ich das Gefühl, dass ich in einer Sättigungszone angekommen bin. Gesättigt von immer gleichen Abläufen und Themen. Gesättigt von den immer gleichen Problemen. Gesättigt von den immer gleichen Produkten und Dienstleistungen. Gesättigt von den immer gleichen Versprechen von Politikern oder Managern.
Unserer Generation wird gelegentlich vorgeworfen, dass wir es ja sehr schön und gemütlich haben. Wir können im grössten Luxus leben, den die westliche Welt je kannte. Das mag sein, aber wir sind auch die erste Generation, die im Berufsleben praktisch permanent verfügbar sein kann und manchmal muss. Nicht nur gegenüber dem Arbeitgeber muss man erreichbar sein, sondern auch im privaten Rahmen. 5-6 Stunden nicht zu antworten, ist bei manchen Paaren schon fast ein Grund um Schluss machen. Bei der Arbeit kann es dann eine Pflicht zur Antwort innerhalb von 24 Stunden geben. Das sind dann nicht 3 Arbeitstage, sondern natürlich wirklich 24 Stunden. Wie tragisch. Und diese „Pflicht“ zur Erreichbarkeit macht den Menschen müde und mürbe. Da fühlt sich ein Arbeitsjahr doch gleich ein bisschen länger an.
Angekommen in der Sättigungszone
Wie weiter? Ein Weg ist die Flucht nach vorne und aus meiner Sicht der einzige Weg, welcher auch wirklich Sinn macht. Verharren innerhalb der Sättigungszone würde bedeuten, dass man diesen Zustand akzeptiert und sich keine Veränderung mehr wünscht. Viele wünschen sich keine Veränderung. Viele haben Angst davor. Manche wollen sogar die alten Werte zurück haben, die damals von unseren Vorvätern bei der Gründung der Eidgenossenschaft gelebt wurden. Nun, ich will bestimmt keine Werte aus dem Mittelalter übernehmen, aber Jedem das sein. Ich habe grössere Angst davor zurückzugehen, als in die Zukunft zu blicken. So bleibt für mich nur der Weg nach vorne und dies bedeutet wiederum, dass ich die Phase der Sättigungszone hinter mir lassen muss.
Was kommt danach?
Genau diese Frage beschäftigt mich zurzeit sehr stark. Ich bin überzeugt, dass es eine angemessenere Art und Weise zu leben gibt, als wir es momentan tun. Wir sind zu verschwenderisch, habgierig, verletzlich, gestresst, willkürlich und ohne Plan bzw. Vision unterwegs. Unserer heutigen Zeit fehlt eine Vision vom besseren Leben.
Persönlich glaube ich daran, dass wir einen Lebensstil führen können, welcher nachhaltig, achtsam, agil und verantwortungsvoll ist und wir trotzdem auf die neuste Technologie zugreifen können.
Die Frage ist für mich nun, wo und wie finde ich die passenden Herausforderungen, um ein anderes Leben zu führen und gleichzeitig an der Vision fürs Leben in der Zukunft zu arbeiten. Welche Schritte müssen unternommen werden, damit nicht nur ich, sondern auch andere den Mut finden, diesen Weg einzuschlagen? Welche Unternehmen haben eine umfassende Vision eines besseren Lebens erarbeitet und erwarten nicht, dass man sich als Angestellter auf Lebenszeit verpflichtet?
Meine Idealvorstellung ist ein Verbund von Unternehmen, Organisationen und Privatpersonen, welche sich alle der Vision eines nachhaltigeren, achtsameren, agilerem und verantwortungsvolleren Lebens verschrieben haben und für diesen Zweck die Technologie der Zukunft einsetzen wollen. Dafür braucht es aber wahrscheinlich mehr als nur 4 Wörter, um eine solche Vision zu beschreiben…