Wälder waren schon immer faszinierend und teilweise auch ein bisschen mystisch erschreckend, wenn man alleine im Wald unterwegs ist und den verschiedenen Geräuschen lauscht. Aber es war mir nie bewusst, dass Wälder und im speziellen Bäume ein so vielschichtiges Leben haben und eigentlich gar nicht so verschieden von uns Menschen sind.
Diese Erkenntnisse habe ich natürlich nicht bei einem Selbstversuch herausgefunden, sondern durch das Buch „Das geheime Leben der Bäume“ von Peter Wohlleben. Er beschreibt die Bäume in einer Art und Weise, die sie schon fast menschlich erscheinen lässt und so habe ich zeitweise schon ein schlechtes Gewissen, wenn ich daran denke, was wir in unseren Wäldern alles Anrichten, nur damit wir über billiges Holz verfügen oder Platz schaffen, um billiges Palmöl zu produzieren.
Eine geheime Welt
Am meisten beeindruckt hat mich die Tatsache, dass wir offenbar so gar nichts über unsere Umwelt wissen, in welcher wir doch seit Jahrtausenden leben. Man möchte meinen, dass wir über ein grösseres Verständnis von der Natur verfügen, aber offenbar sind wir nicht mal fähig das Innenleben eines Baumes richtig zu verstehen. Wir massen uns an, die Geheimnisse des Lebens lüften zu wollen und können nicht mal in Symbiose mit der Natur leben. Ich vermute jetzt einfach mal, dass ca. 98% von uns Menschen keine Ahnung haben, wie das Leben eines Baumes eigentlich so aussieht, ich selbst gehöre auch zu den 98% und habe mir jetzt einfach einen Bruchteil an Wissen durch das Buch von Peter Wohlleben angeeignet.
Vom Samen bis zum Urgestein
Ich möchte Euch die interessantesten Erkenntnisse die ich aus diesem Buch mitgenommen habe auch gar nicht vorenthalten. Hier kommt meine Top 7 an interessanten, bäumigen Fakts:
- Die Sprache der Bäume
Generell sind wir ja der Meinung, dass wir die einzigen Lebewesen sind, die sich über Sprache verständigen können. Doch vielleicht müssen wir den Begriff der Sprache neu definieren. Denn Bäume sind offenbar in der Lage über Duftstoffe miteinander zu kommunizieren und sich so beispielsweise von Fressfeinden zu schützen. Dies kann dann z.B. über die Verströmung eines Warngases erfolgen, wie es die Schirmakazien in der Savanne Afrikas machen, um sich vor den gierigen Giraffen zu schützen. - Im Schutz der Baumeltern
Oft sieht man ja in unseren heimischen Wäldern, dass der Förster alte grosse Bäume fällt, damit er einerseits das Holz ernten kann und andererseits kleine Bäume Licht erhalten, um wachsen zu können. Dies ist aber eine Praktik, die den Bäumen ganz und gar nicht hilft. Jungbäume wachsen im Schutz der Baumeltern heran. Einerseits werden sie durch das vernetzte Wurzelsystem mit Nährstoffen versorgt und andererseits bremst die Krone der Eltern das Wachstum. Dadurch wird der Stamm der Jungbäume viel dichter und enthält somit weniger Luft und ist resistenter gegenüber Krankheiten. Was unsere Förster also machen, hilft unserem Wald in keinster Weise, sondern schwächt ihn viel eher. - Unerklärter Wassertransport
Über den Wassertransport von den Wurzeln bis hin zur Krone gibt es verschiedene Theorien. Die gängigste Antwort ist, dass Kapillarkräfte und Transpiration wirken. Bei den Kapillarkräften ist es so, dass selbst bei den dünnsten Röhrchen die Kraft höchsten ausreichen würde, um das Wasser 1 Meter hoch zu transportieren. Das zweite ist die Transpiration. Blätter und Nadeln können schon mal einige Hundert Liter pro Tag verdunsten lassen, dadurch wird ein Sog erzeugt, der dann das Wasser durch die Leitungen nach oben in die Krone zieht. Allerdings stellt sich hier die Frage, wie der Baum das Wasser transportiert, wenn keine Blätter vorhanden sind. Auch haben Forscher der Universität Bern und ETH Zürich herausgefunden, dass sich Bäume vor allem nachts regelrecht mit Wasser vollpumpen. Dies kann nicht auf Verdunstung zurückgeführt werden und deshalb wird vermutet, dass sich winzige CO2 Bläschen bilden, die das Wasser nach oben transportieren. Aber das ist auch nur eine weitere Theorie. Die Wissenschaft hat hier also noch keine Antwort zur Frage wie der Wassertransport in Bäumen von statten geht. Das finde ich schon sehr verwunderlich, da wir ja schliesslich bald zum Mars reisen werden. - Der unerforschte Waldboden
Die Erdoberfläche haben wir schon ziemlich gut erforscht. Es ist ja auch einfach, das muss man einfach schauen, was so alles herumkriecht oder läuft oder rennt und sich dann ein Bild daraus machen. Schwieriger wird das bei Seen, Meeren oder Ozeanen, da sind wir noch gar nirgends in der Forschung. Und nochmals schwieriger wird es beim Waldboden. Soweit ich Peter Wohlleben verstanden habe, ist dies noch schlechter erforscht als die Mondoberfläche. Es ist ja halt auch nur ein Haufen Dreck.Mitnichten, da hat es so offenbar so viel Leben drin, dass wir uns dies gar nicht vorstellen können. Es hat Milben, Käfer, Pilze, Pflanzen, Bakterien und vieles mehr in unserem Waldboden. Von den Hornmilben gibt es über 1000 bekannte Arten oder von den Rüsselkäfern soll es rund 1400 Spezies geben. Das sind doch unglaubliche Zahlen und es ist klar, dass es noch sehr viel in unserem Waldboden zu entdecken gibt.
- Der Baum als Lebensraum
Im Gegensatz zum Waldboden kann der Baumstamm und die Baumkrone relativ einfach untersucht werden. Der Baumforscher Dr. Martin Gossner hat dies auf eine rabiate Art und Weise gemacht. Er sprühte einen 52 Meter hohen und 600 Jahre alten Baum des Nationalparks Bayerischer Wald mit einem Insektizid ein und untersuchte alle Tiere die tot zu Boden vielen. Darunter waren viele Krabeltiere und Insekten. Eine sehr unschöne Art und Weise die Biodiversität des Baumes zu erforschen. Er zählte 2041 Tiere, die sich 257 Arten zuweisen liessen. Dies ist doch eine unglaubliche Vielfalt, die sich auf einem einzelnen Baum tummelt. - Wann beginnt der Herbst für Bäume?
Für mich ist fängt der Herbst immer dann an, wenn sich die Blätter der Bäume und Sträucher langsam Rot, Gelb, Orange färben und so diese wunderbare Herbststimmung entsteht. Doch wie wissen Bäume, wann sie damit anfangen sollen. Offenbar ist es so, dass Bäume einerseits die Temperaturen messen und andererseits auch die Länge des Tages, also wie viele Stunden die Sonne am Horizont strahlt. Wenn also die Temperaturen einen entsprechend kühlen Mittelwert erreicht haben und die durchschnittliche Tageslänge auch Herbstwürdig ist, dann fangen Bäume an, das in den Blättern vorhandene Chlorophyll abzupumpen, um es im nächsten Jahr wieder verwenden zu können und dadurch entsteht dann die für uns so typische Färbung der Wälder im Herbst. - Bäume haben einen eigenen Charakter
Peter Wohlleben hat herausgefunden, dass Bäume der gleichen Art über unterschiedliche Charaktere verfügen. Wie bei den Menschen gibt es mutigere und ängstlichere Bäume. Dies zeigt sich vor allem im Herbst, wenn die Bäume das Chlorophyll aus den Blättern abpumpen, um sich auf den Winter vorzubereiten. Dies bedeutet dann auch, dass sie keinen Zucker mehr produzieren können, der ihnen als Nahrung dient. Jeder Baum hat seine eigene Strategie, wann er mit der Produktion von Zucker aufhört und in Richtung Winterschlaf geht. Ich finde diese Erkenntnis äusserst bemerkenswert, da ich nie davon ausgegangen bin, dass ein Baum einen eigenen Charakter haben könnte.
Dies waren meine Top 7 Fakten über Bäume. Für mich wird es immer klarer, dass wir absolut keine Ahnung von unserer Umwelt haben und uns im Alltag viel mehr darum bemühen müssen, wie wir mit ihr umgehen wollen. Es kann nicht sein, dass wir rücksichtslos durch die Welt trampeln und uns einen Dreck, um unsere Heimat (Die Erde, falls das dem einen oder anderen nicht klar ist) kümmern.
Ich wünsche mir einen intelligenteren Umgang mit allen Lebewesen auf unserer Erde und da muss man ganz klar auch Bäume und Pflanzen miteinbeziehen, da sie für uns von unschätzbarem Wert sind.
Quellen: Das geheime Leben der Bäume, Peter Wohlleben, Ex Libris